Woran liegt es, dass viele Menschen sich nicht darum bemühen, durch einen gesunden Lebensstil ihr eigenes Krebsrisiko zu reduzieren? Weil sie nicht ausreichend über Krebsrisikofaktoren informiert sind? Oder ignorieren sie die Empfehlungen der Krebsprävention trotz Kenntnis der Risikofaktoren? Dies untersuchten Wissenschaftlerinnen vom Nationalen Krebspräventionszentrum und vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ).
Das Nationale Krebspräventionszentrum ist eine strategische Partnerschaft des DKFZ und der Deutschen Krebshilfe.
Weltweit geht mindestens einer von drei Krebsfällen auf das Konto von bekannten Krebsrisikofaktoren, berichtet die WHO. Dazu zählen Alkohol, körperliche Aktivität, ungesunde Ernährung, Übergewicht, rotes und verarbeitetes Fleisch, zuckerhaltige Getränke, Tabakexposition und Tabakkonsum und UV-Strahlung.
Nationale und internationale Empfehlungen zur Krebsprävention zielen daher schwerpunktmäßig darauf ab, über diese Risikofaktoren zu informieren und Tipps zur Vermeidung zu geben. Fachleute sprechen von „Verhaltensprävention”.
Doch welcher Zusammenhang besteht überhaupt zwischen der Kenntnis dieser Risikofaktoren und dem persönlichen Engagement, sich vor Krebs zu schützen? „Es ist wichtig zu verstehen, ob Menschen nichts unternehmen, um ihr persönliches Krebsrisiko zu senken, weil sie nicht über die Risikofaktoren Bescheid wissen, oder ob sie trotz Kenntnis der Risikofaktoren nicht handeln”, sagt Pricivel Carrera vom Nationalen Krebspräventionszentrum in Heidelberg. „Diesen Zusammenhang wollten wir mit unserer aktuellen Untersuchung beleuchten.”
Auf der Grundlage einer internationalen Umfrage der UICC zum Thema Krebs* gingen Carrera und ihre DKFZ-Kollegin Silvia Calderazzo dieser Frage nach. Dabei konzentrierten sie sich auf zehn Industrieländer mit hohem Einkommen (Australien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Israel, Japan, Kanada, Schweden, Spanien und USA). In diesen Ländern gibt im Durchschnitt eine von drei Personen an, keine Empfehlungen zur Krebsprävention zu befolgen.
Das Fazit der Forscherinnen: Je mehr Menschen in einem Land über Krebsrisikofaktoren Bescheid wissen, desto höher ist der Anteil an Menschen, die sich bemühen, ihr persönliches Krebsrisiko zu senken. Dieser Effekt lässt sich in Zahlen ausdrücken: Mit jedem Prozentpunkt mehr an Menschen, die gut über Krebsrisikofaktoren informiert sind, steigt die Zahl an Personen, die Maßnahmen zur Verringerung ihres Risikos ergreifen, um durchschnittlich 0,169 Prozentpunkte.
Diese Beziehung variiert erheblich zwischen den einzelnen Ländern. Den höchsten Anteil an Menschen, die Wissenslücken in Bezug auf die Krebsrisikofaktoren zeigten, fanden die Präventionsforscher in Japan. Dementsprechend hoch ist dort auch der Anteil an Menschen, die angeben, keine Anstrengungen zur Reduktion ihres Krebsrisikos zu unternehmen. Deutsche wussten über fast alle Krebsrisikofaktoren weniger gut Bescheid als der Durchschnitt der untersuchten Länder.
„In Deutschland gelten an die 40 Prozent aller Krebsfälle als vermeidbar – durch einen gesunden Lebensstil und die Nutzung von Impfungen. Doch die besten Empfehlungen zur Krebsprävention nutzen nichts, wenn Menschen nicht danach handeln”, sagt Pricivel Carrera. „Wir wollen mit unserer Forschung herausfinden, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit mehr Menschen die Empfehlungen zur Krebsprävention auch tatsächlich umsetzen.”
Die bekannten Krebsrisikofaktoren sind großenteils auch an der Entstehung weiterer schwerer chronischer Erkrankungen beteiligt. Wenn es gelingt, in der Bevölkerung das Bewusstsein für diese Risikofaktoren zu schärfen, könnte der Effekt der Verhaltensprävention weit über die Reduktion der Krebsneuerkrankungen hinausgehen, betonen die Autorinnen.
Carrera, P.M., Calderazzo, S.: Knowledge of cancer risk factors and risk-reduction in high-income countries.
Preventive Medicine 2023, DOI: https://doi.org/10.1016/j.ypmed.2023.107583
* Public Opinion Survey on Cancer 2020 der Union for International Cancer Control (UICC)
World Cancer Day 2020 International Public Opinion Survey on Cancer 2020 | UICC
Quelle: Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) vom 19.07.2023