Der „ePA für alle“ sehen die Arzt- und Psychotherapiepraxen mit gemischten Gefühlen entgegen: Zwar hoffen sie auf eine schnellere und einfachere Kommunikation, fürchten aber einen hohen Mehraufwand mit Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) im kommenden Jahr. Das geht aus dem PraxisBarometer Digitalisierung 2024 hervor. Die Befragung hat das IGES Institut zum siebten Mal im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) durchgeführt.
Berlin, 19. November 2024 – „Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen erwarten durchaus Vorteile von der ePA, haben aber auch Sorge vor einer großen zusätzlichen Belastung“, erklärt Dr. Sibylle Steiner, Vorstandsmitglied der KBV. Rund 90 Prozent der Praxen befürchten, dass die ePA zu einem hohen Verwaltungs- und Zeitaufwand führen wird. Für Steiner ist klar: „Hier spielen sicherlich die Erfahrungen beim holprigen Start vor allem der eAU und teilweise auch des eRezepts eine Rolle. Deshalb gilt umso mehr, dass die technischen Voraussetzungen stimmen müssen. Die ePA muss ausreichend erprobt, nutzerfreundlich umgesetzt und aufwandsarm in der Anwendung sein.“
Die Befragung habe auch gezeigt, dass die Störanfälligkeit der Telematikinfrastruktur (TI) noch immer zu groß sei: „Die Praxen brauchen bei ihrer täglichen Arbeit verlässliche Strukturen und funktionierende Systeme, damit die Digitalisierung zu einer Entlastung führen und erfolgreich sein kann.“ Das PraxisBarometer Digitalisierung 2024 zeigt auf, dass der klare Aufwärtstrend der Vorjahre anhält: Immer mehr Praxen setzen auf digitale Kommunikation und bauen digitale Services für ihre Patientinnen und Patienten aus. „Die Ergebnisse des PraxisBarometers zeigen einmal mehr: Die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten sind für die Digitalisierung im Gesundheitswesen nach wie vor sehr aufgeschlossen”, sagt Steiner.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten sind sowohl das elektronische Rezept (eRezept) als auch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) inzwischen fest im Praxisalltag verankert: 94 Prozent der befragten Ärztinnen und Ärzte nutzen das eRezept. Die eAU ist in 95 Prozent der Praxen etabliert. Hier ist auch die Zufriedenheit mit der Anwendung gestiegen: So zeigen sich in diesem Jahr 69 Prozent der eAU-Nutzerinnen und -Nutzer sehr oder eher zufrieden – 2023 lag der Anteil noch bei 50 Prozent. Mit dem eRezept ist ebenfalls die Mehrheit der Praxen zufrieden (63 Prozent). „Die Ergebnisse spiegeln das Engagement der niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen wider, die Digitalisierung in ihren Praxen aktiv voranzutreiben. Und sie zeigen, dass digitale Anwendungen, die funktionieren, zunehmend bessere Akzeptanzwerte erzielen“, so Steiner.
„Positiv ist auch, dass immer mehr Praxen überwiegend digital mit anderen Praxen kommunizieren“, erklärt Steiner. Die digitale Kommunikation mit den Krankenhäusern hinke hingegen weiterhin hinterher. Dabei wäre gerade der digitale Versand von Entlassbriefen durch die Krankenhäuser sehr wünschenswert – ein Bereich, in dem 72 Prozent der befragten Praxen einen großen Nutzen sehen. Steiner: „Der stationäre Sektor muss nun bei der Digitalisierung nachziehen.“
In diesem Jahr berücksichtigt die Auswertung der Ergebnisse des PraxisBarometers Digitalisierung erstmals die eingesetzten Praxisverwaltungssysteme (PVS) der Ärzte und Psychotherapeuten. Sowohl bei der Dauer der elektronischen Signatur als auch bei der Häufigkeit der Störungen der TI zeigen sich deutliche Unterschiede in der Performance der einzelnen Produkte. „Gerade im Hinblick auf die Einführung der ePA setzen wir darauf, dass die Hersteller verantwortungsvoll handeln und funktionstüchtige, nutzerfreundliche sowie vor allem ausreichend getestete Systeme ausliefern werden“, so Steiner.
Die Ergebnisse aus dem PraxisBarometer Digitalisierung 2024 beruhen auf den Angaben von insgesamt 2.609 Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die an der Befragung teilgenommen haben. Das PraxisBarometer Digitalisierung ist die bisher einzige bundesweite repräsentative Befragung von Vertragsärzten und -psychotherapeuten zur Digitalisierung in Praxen.
Pressemitteilung Kassenärztliche Bundesvereinigung vom 19.11.2024