Entbudgetierung für Fachärzte laut Lauterbach nicht notwendig
Berlin, 23.02.2024 Nach dem Krisengipfel am 9. Januar mit Vertretern von KBV, BÄK, SpiFa, BVKJ und Vertretern der Hausärzte sprach der Minister der Gesundheit von der „Arbeit an Reformen für Fachärzte“. In Gesprächen mit dem Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) hatte er Mitte Februar gemäß Meldung des SpiFa zugesagt, dass zeitnah eine positive Veränderung der fachärztlichen Vergütungsstruktur erfolgen soll, insbesondere auch zur Verbesserung der Terminlage in den Facharztpraxen.
Eine Entbudgetierung der Fachärzte “planen wir derzeit nicht“, so Lauterbach nun
In der Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestages am 19. Februar erteilte Lauterbach einer Entbudgetierung der Fachärzte nun die Absage „das sei derzeit nicht notwendig“.
Mehr als eine halbe Million Menschen hatten die KBV-Bundestagspetition zur Rettung der ambulanten Versorgung unterzeichnet. KBV-Vorstand Dr. Andreas Gassen bezeichnete die Petition in der Anhörung als „Hilferuf der Praxen“ und führte Umfragen über die Unzufriedenheit durch überbordende Bürokratie, schlechte Vorgaben bei der Digitalisierung und ein Honorar, das mit der Kostenentwicklung in keiner Weise mithält, an. Beides perlte am Minister ab. Die Petition wurde am 19. Februar nach Aussage der Sitzungsleiterin nicht abschließend behandelt, aber nach Einschätzung des Vorstands des Berufsverbands der Deutschen Urologie ist auch in einer Folgeanhörung keine grundsätzliche Bewegung des Ministers im Sinne der Forderungen der Ärzteschaft zu erwarten.
Erneut führte Lauterbach als Argument das aus seiner Sicht auskömmliche Einkommen von Ärztinnen und Ärzten an. Wann lernt der Minister, dass die angeführten Zahlen des Statistischen Bundesamtes pro Praxis und nicht pro Arzt erhoben werden? Und zudem das von ihm zitierte „Einkommen“ nicht das ist, was netto auf dem Konto von Ärztinnen und Ärzten landet, sondern, dass hiervon außer Steuern und Altersvorsorge die kompletten Aufwendungen für den Praxisbetrieb (also Personal-, Sach- und Investitionskosten) abgehen? Seit gestern kommen hinzu die – berechtigten – Lohnsteigerungen für die medizinische Fachangestellten in Höhe von durchschnittlich 7,4 % mit einer einmaligen Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 500 €. Woher nehmen, fragen sich die Niedergelassenen?
Das anzunehmen ist, dass dem Minister eindeutig bewusst ist, was Einkommen und was Nettoverdienst ist, müssen seine Äußerungen als rein populistisch gewertet werden. In diesen aktuell politisch hochfragilen Zeiten eine Neiddebatte zu befeuern, ist mehr als brandgefährlich und katastrophal in der Wirkung. „Wie es angehen kann, dass ein demokratisch gewählter SPD-Minister sachlich falsche und populistische Aussagen einbringt, ist erschreckend“, so Dr. Axel Belusa, Präsident des Berufsverbands der Deutschen Urologie (BvDU).
Das Nachwuchsproblem löst sich nach einer „Übergangszeit“ von 10-15 Jahren nach Lauterbach quasi von alleine
Ebenso kein Thema für Minister Lauterbach ist das Nachwuchsproblem. Er verweist auf Versäumnisse der Vorgänger, die sich nach einer Übergangszeit von 10 bis 15 Jahren durch Schaffen von mehr Studienplätzen bereinigen würden. Die Frage, wie der Minister der Gesundheit mit der Ampelregierung diese Studienplätze schaffen will, blieb offen. Genau so offen ist, wie es gelingen soll, den weiteren der gut 6 Millionen Beschäftigten im deutschen Gesundheitswesen
Erleichterung zu verschaffen. Neben Ärztinnen und Ärzten in Klinik und Praxis sind dies das medizinische Fachpersonal, das Pflegepersonal in der stationären oder ambulanten Pflege oder in der Altenpflege. Studienplätze alleine genügen mitnichten. Schon gar keine Perspektive ist ein Zeithorizont von 10 bis 15 Jahren, bis eine Erleichterung spürbar wird. „Bis dahin sind noch mehr Menschen in andere Berufe gewechselt, haben noch mehr Praxen dichtgemacht und noch mehr Kliniken sind „umstrukturiert“ oder geschlossen“, so Prof. Dr. Peter J. Goebell, erster Vizepräsident des BvDU. „Diese Menschen kommen nicht einfach wieder zurück. Sie fehlen nachhaltig zusätzlich, so der Minister und die Bundesregierung die Weiche nicht noch im letzten Moment umstellen.“
GOÄ hat ebenfalls keine Priorität beim Minister
Die GOÄ-Reform sei „weiter im Gespräch“, hätte aber, „da die Zeit so knapp sei angesichts seiner Arbeit an unzähligen anderen neuen Regelungen“, bei Lauterbach keine Priorität. Der Berufsverband weist erneut darauf hin, dass die in der aktuellen GOÄ seit 1996 unveränderten Honorare in keiner Weise die aktuelle wirtschaftliche Realität für Ärztinnen und Ärzte abbilden. „Man muss sich einmal vorstellen, dass ein Handwerksbetrieb seit fast 30 Jahren keine Preise erhöht hätte. Ein Irrsinn“, so Dr. Belusa.
„Last Call“ für Lauterbach und die Ampelregierung
Dr. Belusa weiter: „Einen Minister als Fähnchen im Winde, der, je nach Anlass, Reformen ankündigt und, quasi im selben Atemzug, zurückrudert, braucht Deutschland nicht. Schon gar keinen, der aufs populistische Gleis führt, um von seinem Unvermögen und seinem Unwillen abzulenken. Für das deutsche Gesundheitswesen braucht es ein Ministerium und eine Regierung, die diejenigen, die die Arbeit erbringen und Großartiges leisten, ernst nimmt.“
Der Berufsverband wird in enger Abstimmung mit seinen Mitgliedern die weiteren Schritte und Maßnahmen prüfen. Die gesamte Fachärzteschaft wird im Rahmen der SpiFa-Fachärztetagung im März ihre Weichen stellen.
Dank Lauterbach und der Ampelregierung erwarten Deutschlands Patientinnen und Patienten weiter schrumpfende kassenärztliche fachärztliche Praxen und Sprechstunden und die Verlagerung von Haus- und Heimbesuchen ausschließlich auf ebenfalls übervolle hausärztliche Praxen. Deutschland muss sich wappnen und einstellen auf eine minimalste, am Notwendigsten orientierte Medizin.
Pressemitteilung des Berufsverband der Deutschen Urologie e. V. vom 23.02.2024